Despicable
Die britischen Metal-Chirurgen Carcass haben eines der beachtlichsten Comebacks der Geschichte hingelegt. „Surgical Steel“ und die EP „Surgical Remission/Surplus Steel“ sind ebenso – zu Recht – abgefeiert worden wie ihre magischen Festival-Auftritte. Das ist sechs Jahre her. Wie geht es weiter mit den Urvätern des Goregrinds? Können sie an die abnorme Qualität der beiden Veröffentlichungen anschließen? Oder verlieren sie sich in den Untiefen blutiger Gedärme? Keine Bange! „Despicable“ (Nuclear Blast) ist gut geworden! Verdammt gut sogar!
Die vier neuen Songtitel ,The Living Dead At The Manchester Morgue‘, ,The Long And Winding Bier Road‘, ,Under The Scalpel Blade‘ und ,Slaughtered In Soho‘ hören sich gemessen an kultigen Namen wie ,Cadaveric Incubator Of Endoparasites‘ eher banal an. Trotzdem sind sie von schneidender Qualität. Schon das zweistimmige, übermelodische Intro und der sich anschließende vorsichtig groovende Beginn sind vielversprechend. Als dann Jeff Walker beginnt, auf seine verbissen giftige Art durch die Zähne zu keifen, ist klar, Carcass haben wieder zugeschlagen. Mit chirurgischer Präzision. Wie kaum eine andere Band, verstehen es Walker und Steer, Blastbeats gegen stampfende oder schleppende Passagen auszuspielen und dann noch atmosphärische Einschübe zu integrieren, die die überschäumende Kraft der Songs nur noch verstärken. Handwerklich auf hohem Niveau wie ein erfahrener Operateur heben Carcass die vier neuen Songs auf einen ganz eigenen Standard. Brutalität gepaart mit Harmonien und Melodien als auch mit britisch schwarzem Humor– dafür stehen die Grindcore-Haudegen.
Knapp 20 Minuten Carcass geben so viel mehr her als irgendwelche gesichtslosen Death Metal Bands, deren einziges Können ist, im Studio überkomplizierte Songs über zu produzieren, an denen sie live on stage scheitern. Dies gilt nicht für Carcass. Die vier Songs auf „Despicable“ sind komplex und doch nachvollziehbar, sauber produziert und rasierklingenscharf, brutal und doch voller Melodien. Carcass haben mal wieder das Skalpell angesetzt und tief geschnitten.