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Fortitude

Gojira aus Frankreich sind eine der faszinierendsten, vielseitigsten und innovativsten Metalbands der letzten 20 Jahre. Tief verwurzelt im Hard Rock und Metal der 70er und 80er haben die beiden Duplantier-Brüder und ihre beiden wackeren Mitstreiter es geschafft, etwas gänzlich Eigenes zu schaffen. Grammy-Nominerungen und Toplisten-Platzierungen in renommierten Musikmagazinen bekommt man nicht nachgeworfen. Knapp fünf Jahre nach dem vielfach gelobten „Magma“ und wegen der Covid-19-Pandemie ein knappes Jahr verspätet erscheint nun mit „Fortitude“ (Roadrunner Records) das siebte Album der Schwermetall-Künstler.

Die vorab präsentierten Songs ließen Großes erwarten, und große Erwartungen dürfte das kreative Quartett inzwischen gewohnt sein. „Fortitude“ läßt sich mit „Stärke“ oder „Kraft“ übersetzen, und kraftvoll-rhythmisch kommt bereits der Album-Opener „Born For One Thing“ daher. Mario Duplantier malträtiert direkt seine Snare in einem beklemmenden Crescendo, dann explodieren die Growls seines Bruders. WUMM – was für ein Opener!

Der Super-Groover „Amazonia“ ist die klar erkennbare, tiefe Verbeugung vor Sepulturas „Roots“, natürlich im bandeigenen Stil. Inklusive Maultrommel, indigenen Trommeln und einem Rhythmus, der einen zum Tanz ums Lagerfeuer zwingt. Mehr noch als ihre Vorbilder aus Brasilien haben sich Gojira schon immer einen autenthischen Umwelt-Aktivismus auf die Fahnen geschrieben. Zum Release des Videos starte das französische Quartett eine Crowdfunding-Aktion. Der Erlös von über 270.000 US-Dollar kommt einer Amazonas-Hilfsorganisation zu. Die Jungs labern nicht nur, sondern krempeln die Ärmel hoch für ihre Überzeugungen.

„Another World“ erinnert mit seinem betörenden Gesang mit viel Hall, dem extravaganten Schlagzeugspiel und der Stimmung irgendwo zwischen psychedelisch und melancholisch an Mastodons Meisterwerk „Crack the Skye“. „Hold On“ hat beim Feeling Parallelen, eröffnet aber mit mehrspurigem Acapella-Gesang. Der Song verfügt über eine unheimliche Dichte, die beklemmend und triumphierend zugleich wirkt. „New Found“ variiert den Gesang stark um ein wiederkehrendes melodisches Thema und ein akzentuierendes Riff. Der nur zweiminütige Titeltrack kommt mit unerwartet minimalistischer Tribal-Percussion und Bassgitarre und leitet in das wundervolle „The Chant“ über.

Das Stück könnte sich mit seinem eingängigen, tranceartigen Gesang und dem gemächlichen Tempo zu einem neuen Live-Liebling werden. Es ist keine Metal-Hymne zum Mitgrölen, sondern eher ein kleiner Zauber, der sich heimlich ins Hirn schleicht und den man nach Kürze unbewusst vor sich hinsummt. Das kurz vor Album-Release veröffentlichte Musikvideo weist auf ein tibetisches Mantra hin – und auf die Verfolgung des durch China besetzten Landes.

Danach geben die Herren aber nochmal ordentlich Gas. Bei „Sphinx“ wechseln Growls mit betörenden mehrstimmigen Clean-Vocals, der Rhythmus der Riffs ist ungewöhnlich und alles andere als eingängig. Dennoch hat der Song den Hörer bald am Haken. Es sind der Groove und die Hooks. „Into the Storm“ nimmt den Hörer symbolisch mit in den besungenen Sturm. Dichter, melodischer Gesang treffen auf derbe Drums und Riffs.

„The Trails“ ist ein sehr atmosphärischer Dark-Rock-Song, der Heaviness reduziert und stattdessen mit seiner düsteren Melodie ein warmes Gefühl verbreitet. Und dann ist da noch „Grind“ mit besonderes beeindruckendem Drum-Work, der mit seinem Wechsel zwischen warmen, melodischen Abschnitten und harschen, arythmischen Sektionen teils entfernt an Korn erinnert.

Daß es die Band trotz ihrer nach wie vor progressiven Wurzeln schaffen wird, mit diesem Album neue Fans zu erreichen, wäre wünschenswert und in Zeiten, in denen Cannibal Corpse Platz 6 der deutschen Albumcharts erreichen kann, auch absolut möglich. Das Album ist einfach so gut, daß es die Bedeutung von Gojira als eine der besten und größten „neueren“ Metalbands eindrucksvoll unterstreicht. Es wird zweifellos in den Bestenlisten der besten Metal-Scheiben des Jahres landen.

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Roadrunner Records (Label)

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