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Relentless Mutation

Wer sich in der überschaubaren internationalen Szene der hochkarätigen Technical-Death-Metal-Bands auskennt, kennt auch ein Dilemma, das in jedem noch so progressiv geprägten Genre wartet. Technisch anspruchsvoller Metal kann neben der Gefahr einer potentiell schweren Zugänglichkeit noch einen weiteren Haken bieten. Wenn die guten Bands alle so gut auf ihren Instrumenten sind, mühelos atemberaubende Griffbrett-Verrenkungen hinkriegen und die schrägsten Taktarten aus dem Ärmel schütteln, wie grenzt man sich dann noch von der hochkarätigen Genre-„Konkurrenz“ ab, um die eigene Fangemeinde zu vergrössern? Archspire setzen hier unter anderem auf ein starkes Pferd: Ihren Sänger Oli Peters, der atemberaubend schnelle Growls auf seine Fans abfeuert. Das ist nicht nur beeindruckend, sondern tatsächlich etwas, woran man die Kanadier Archspire eindeutig von Decapitated, Obscura oder Beyond Creation unterscheiden kann.

Der Hochgeschwindigkeitszug ‚Involuntary Doppelgänger‘ trifft den Hörer zum Albumauftakt unvorbereitet und gnadenlos hart wie ein Schlag in die Magengrube. Unter dem Eindruck dieses Frontalangriffs auf Genre-Konventionen und die Aufmerksamkeit des Hörers gleichermassen steht fortan das ganze Album. Daran ändern auch die klassisch-jazzigen Klimpereien nach zwei Minuten nichts – die ohnehin nicht lange andauern. Das hier ist groß! ‚Remote Tumour Seeker‘ steht dem Opener nicht in viel nach: Abgefahrene Rhythmuswechsel und Taktarten sind im Genre keine Seltenheit – dass sie eine solchen Geschwindigkeit vorgetragen werden aber schon. Erst nach dreizehn Minuten (die ersten drei Songs) darf der Hörer erstmals nennenswert durchatmen. Für exakt eine Minute. So lang ist das akustische Intro des Titelsongs. ‚The Mimic Well‘ setzt auf eine exzentrisch-genialen Groove und spätestens wenn einen die Stakkato-Vocals der atemberaubenden Nummer ‚Calamus Will Animate‘ ummähen, ist man sprachlos oder begeistert. Oder beides. Der sechsminütige Album-Abschluss ‚A Dark Horizontal‘ klingt tatsächlich wie ein Barock-Stück auf Speed. Wenn Bach heute leben und mit einer Death-Metal-Band kooperieren würde, würde es genau so klingen! Unfassbar genial!

Alle Tech-Death-Freunde hier aufgepasst! Dieses Album gehört auf euren Plattenteller oder in eure ITunes-Playlist. Jetzt. Gleich. Kaufen. Genießen. Weitersagen. Archspire haben es nicht erst, aber spätestens mit diesem Album verdient, von mehr Metalheads gehört zu werden. Stellt ihr euch der Herausforderung?

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