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Shehili

Myrath aus Tunesien haben spätestens mit ihrem 2011er Album „Tales of the Sands“ auch international mit ihrem Oriental-Power-Metal eindrucksvoll auf sich aufmerksam gemacht. Durch geschicktes Marketing und Ausnutzung der neuen Medien inklusive des mit Crowdfunding finanzierten Albums „Legacy“ hat die Band in den drei letzten Jahren nochmals an Fahrt aufgenommen. Mit „Shehili“ feilen die fünf Jungs weiter fleissig, energiegeladen und talentiert an ihrem musikalischen Vermächtnis (Myrath = arabisch: Erbe, Vermächtnis). Der vorläufige Höhepunkt in der Bandgeschichte dürfte der Auftritt vor 7000 einheimischen Fans im antiken Amphitheater von Karthago gewesen sein, von dem auch ein Video des Songs ‚Born to Survive“ produziert wurde.

Myrath spinnen weiter sehr gelungen ihren eigenständigen Mix aus orientalischer Folklore und melodischem Progressive-Powermetal mit dem Charme von 1001er Nacht. Mit „Shehili“ (die tunesische Übersetzung für den Sahara-Wüstenwind Scirocco) haben die fünf Musiker definitiv ein neues Level erreicht. Die orientalischen Elemente, vor allem Trommeln und arabischer Gesang) wurden auf Kosten des „Prog-Anteils“ nochmals etwas ausgebaut, was das Material NOCH bessser macht. Myrath präsentieren auf „Shehili“ wieder einige wirklich grossartige Songs nach dem bewährten Erfolgsrezept: Orientalische Rhythmik, Hooklines zum Sterben und ihre unbändige Energie. Die Produktion, beim Vorgänger mit Jens Bogren bereits in besten Händen, klingt nochmals eine ganze Stufe druckvoller, stimmiger, runder.

A propos „rund“, Myrath waren und sind Geschichtenerzähler, was nicht zuletzt ihre aufwändigen Musikvideos im Stil von „Prince of Persia“ beweisen. Ein Album im Sinne einer stimmigen Dramaturgie zu „erzählen“, nimmt sich wohl jede Band vor – den wenigsten gelingt es jedoch zu hundert Prozent. Myrath machen auch hier keine halben Sachen und eröffnen nach einem verzaubert-orientalischen Gesangs-Intro in arabischer Sprache mit dem ersten Kracher ‚Born To Survive‘. Wie die Gitarren mit einem simplen Power-Riff den Rhythmus der Trommeln und Saiteninstrumente „aufnehmen“, ist ganz grosses Kino – und das gerade mal zwei Minuten im Album. ‚Dance‘ hat die Band bereits kurz vor Weihnachten als „Fantasy-Video“ veröffentlicht und ist nicht nur ein fantastischer Song, sondern trägt auch eine politische Botschaft in sich. Die Band liess sich von der wahren Geschichte einer syrischen Bauchtänzerin inspirieren, die vom IS unter Druck gesetzt wurde, mit dem Tanzen aufzuhören, die sich dem jedoch entgegen stellte.

Bei ‚Monster In My Closet‘ und ‚Darkness Arise‘ flirten Myrath mit leichten Thrash- und Gothic-Anteilen, mit ‚Lili Twil‘ und ‚Stardust‘ gibt es bittersüsse orientalische Balladen, die dem einen oder anderen Metalhead möglicherweise etwas zu „schmalzig“ daher kommen, die aber ihren berechtigtem Platz im abwechslungsreichen und gefühlvollen Album haben. Der Titeltrack ‚Shehili‘ schliesst das neue Werk der Tunesier ab und hat neben den bekannten, traumhaften Streicher-Samples auch exotische Flöten, Gitarren und natürlich den warmen Gesang von Frontmann Zaher Zorgati. „Shehili“ ist zweifellos das bisher beste der durchweg guten Alben von Myrath. Die schlichtweg perfekte Symbiose aus Oriental- und Powermetal auf „Shehili“ wird sie in der internationalen Metalszene mit Sicherheit weiter nach oben katapultieren.

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