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The Statesboro Revue – ‚Das Wichtigste ist der Groove!‘


Stewart Mann ist relaxt, auch wenn der Soundcheck mal wieder viel länger als geplant gedauert hat und eigentlich gar nicht mehr viel Zeit für ein Interview ist. Zudem ist er aufgrund des kühlen Wetters – so etwas nennt sich nun Frühsommer! – gesundheitlich angeschlagen und stärkt sich vor dem Auftritt mit einem heißen Tee. Aber all das tut seiner guten Laune und der folgenden musikalischen Performance keinen Abbruch. Der Musiker ist Profi durch und durch.

The_Statesboro_Revue_6.jpg „Seit Ihrer Gründung im Jahre 2008 sind The Statesboro Revue in ihrem Heimatland über 350.000 Meilen getourt und haben über 1500 Shows gespielt. Und auch jetzt in Europa ist der Zeitplan dicht gedrängt: 36 Konzerte in 47 Tagen, da bleibt nicht viel Zeit für Sightseeing, oder? „Wir hatten ein bisschen Zeit, aber wirklich nicht viel“, erklärt der sympathische Frontmann. „Wir sind auf dieser Tour sehr viel unterwegs, weil wir nahezu jeden Abend eine Show spielen. Da bleibt nicht viel Zeit für Sightseeing, nur das, was man unterwegs vom Van aus sieht. Das ist zwar schon etwas traurig, aber wir sind ja zum Arbeiten hergekommen und nicht, um uns die Gegend anzuschauen. Wir sind hier, um für die Leute Musik zu machen, das ist die Hauptsache für uns.“

Zunächst einmal gratulieren wir Stewart Mann aber zur Veröffentlichung des aktuellen Albums „Jukehouse Revival“, das, wie der Musiker uns berichtet, in den USA erst im August auf den Markt kommen wird. „Allen, die hier unsere neue Platte kaufen, erzählen wir, dass sie Glück haben im Gegensatz zu den Fans bei uns zu Hause. Die müssen noch über einen Monat auf die Veröffentlichung warten. Das war nicht unsere Entscheidung, aber manchmal ist das so mit dem ganzen Marketing und den Entscheidungen der Plattenlabel.“ Verrückte Welt.

Aber auch wenn The Statesboro Revue auf den tatsächlichen Veröffentlichungstermin ihres neuen Albums wenig Einfluss hatten, so hat die Band doch die Produktion und sämtliche künstlerischen Aspekte umso mehr direkt steuern können, wurde „Jukehouse Revival“ doch über eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne finanziert. Stewart Mann berichtet dazu: „Ja, wir hatten schon unser zweites Album ‚Ramble On Privilege Creek‘ über Kickstarter finanziert, und die neue Platte wurde über eine Plattform namens Pledgemusic durch Crowdfunding finanziert. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Wenn man ein Album auf diese Weise finanziert, hat man selbst die volle kreative Kontrolle. Das war für uns sehr wichtig. Wir möchten uns bei allen bedanken, die etwas gespendet haben, das bedeutet uns sehr viel.“ Das eigene Ding durchziehen, das ist der Band mit „Jukehouse Revival“ gelungen. „Die Platte ist etwas mehr Gospel und Folk als Rock’n’Roll“, erklärt der Musiker.

The_Statesboro_Revue_7.jpg „Aber fangen wir doch ganz von vorne an und blicken zurück in das Jahr 2008, als The Statesboro Revue von Stewart Mann in Austin im amerikanischen Bundesstaat Texas gegründet. Mann erinnert sich, dass es neben ihm zunächst noch eine komplett andere Bandbesetzung gab. „Meine Idee damals war, eine Band zu gründen, die vollkommen auf dem Groove basierte. Ich hatte vorher in zwei oder drei anderen Bands gespielt. Der Groove war das Wichtigste – vollkommen egal, ob wir Country, Blues, Folk, Funk oder (Southern)Rock spielen. Wir haben zuerst eine ganze Menge verschiedener musikalischer Richtungen ausprobiert, und es gab noch viele Wechsel im Line-Up, aber ich bin sehr glücklich darüber, wo wir uns jetzt befinden und über unsere musikalische Richtung.“ Ja, die musikalische Richtung? Der Sound von The Statesboro Revue ist vielschichtig und keinem festen Genre zuzuordnen. Es gibt Elemente des Blues, des Southern Rock, des Gospels, aber auch viel Countrymusic und dessen, was man heute so schön „Americana“ nennt. Oder ist das alles einfach nur Rock’n’Roll? Stewart Mann erklärt uns, dass es viele verschiedene Einflüsse gibt und sich die Band nie Gedanken darüber gemacht hat, wo man die Musik genau einordnen kann. Das muss man aber auch gar nicht. „Für mich gibt es nur gute und schlecht Musik“, stellt der Frontmann fest. „Wenn wir eine Platte aufnehmen, haben wir keine übergreifende Vision oder kein festes Genre im Kopf, in das wir unsere Songs quetschen müssen. Bei uns steht jeder Song für sich, und wir machen uns nicht so viele Gedanken darüber, wie er im Zusammenhang mit dem Rest der Platte wohl klingt und ob alles eine Einheit ist oder nicht. Wir sind inspiriert durch Künstler wie die Rolling Stones, aber auch Van Morrison oder meine Lieblinge, die Allman Brothers Band.“

Das grundlegende Songwriting der Band übernimmt meistens Stewart Mann selbst, einige Ideen steuert auch sein jüngerer Bruder Garrett bei, der inzwischen an der elektrischen Gitarre steht. „Viele Ideen habe ich schon im Kopf, aber ein richtiger Song wird immer erst draus, wenn wir alle zusammen kommen und gemeinsam jammen und die Ideen entwickeln.“ Jeder in der Band hat noch ein paar kleine Nebenprojekte am Start, aber das Hauptaugenmerk aller gilt The Statesboro Revue. „Wir haben ja auch jede Menge zu tun“, erklärt uns der Amerikaner, der sich auch überwiegend um das Schreiben der Songtexte kümmert. „Manchmal schreibe ich über eigene Erlebnisse oder über Kindheitserinnerungen“, verrät er uns. „Und manchmal erfinde ich natürlich auch Geschichten. Ich habe keine Ahnung, wo die herkommen. Genau wie die Musik…für mich sind das Geschenke. Die Ideen sind plötzlich da, als kämen sie aus dem Nichts.“

The_Statesboro_Revue_2.jpg „Nach der Bandgründung erschien im Jahre 2010 das erste Album mit dem Titel „Different Kind Of Light“, welches von David Z produziert und gemischt wurde. David Z hat schon für Acts wie Prince, A-ha oder Etta James gearbeitet. Wie kam die junge Band an diesen Produzenten? „Nun, das war wirklich großes Glück“, erinnert sich Mann. „Wir haben in Austin eine Show gespielt, und David war im Publikum. Ihm hat es so gut gefallen, dass er zu uns gekommen ist und gesagt hat, dass er gerne mit uns arbeiten würde. Er war wirklich toll, und ich habe jede Menge von ihm gelernt. So ist dann unser erstes Album entstanden.“

Wir wollten wissen, woher der Bandname stammt. „Nun, wie gesagt, ich bin ein großer Fan der Allman Brothers. Sie haben eine wunderbare Coverversion von ‚The Statesboro Blues‘ gemacht, und unser Bandname ist ein Hommage an The Allman Brothers Band.“ Der Song ‚The Statesboro Blues‘ wurde ursprünglich von dem Bluesmusiker Blind Willie McTell geschrieben und bezieht sich auf dessen Heimatstadt Statesboro im US-Bundesstaat Georgia.

Die zweite Europatour der Band steht kurz vor ihrem Abschluss, als wir dieses Interview führen. Wie sieht die Band ihr europäisches Publikum, und macht es für amerikanische Roots-Musiker einen spürbaren Unterschied, was die Reaktionen und das Verhalten der Fans betrifft? Wir amerikanische Folkmusic hier anders aufgenommen als im der Heimat? „Ich denke schon, dass es einen Unterschied gibt“, erklärt Mann. „Es ist hier auch von Land zu Land unterschiedlich. Den Leuten in Deutschland gefallen zum Beispiel andere unserer Songs besser als denen in Spanien oder Dänemark. Und wenn wir dann in Texas spielen, gefallen den Leuten dort wieder andere unserer Songs am besten. Das schöne für uns ist ja, dass dadurch viele unserer Lieder den verschiedenen Leuten gefallen, und nicht immer nur ein oder zwei gleiche Stücke! Wenn man als Jugendlicher in den USA damit anfängt, Musik zu machen, träumt man immer davon, irgendwann einmal ein Europa auf Tour zu gehen. Es ist auch beim zweiten Mal noch etwas ganz Besonderes für uns alle.“

The_Statesboro_Revue_3.jpg „Und wie steht Stewart Mann zu der Bezeichnung „Americana“? „Nun, ich denke, ‚Americana‘ ist genauso nur ein Begriff wie ‚Southern Rock‘ ein Begriff ist. Ich denke da nicht in Genres. Für jemanden, der nicht Amerikaner ist, ist es vielleicht nostalgisch, solche Musik ‚Americana‘ zu nennen. Es gibt so viele verschiedene Arten von Musik. Europäische Musik zum Beispiel hat ganze Genres geprägt, die Beatles oder die Rolling Stones. Jeder kann im Prinzip doch jede Art von Musik mögen, es ist vollkommen egal, wo Du herkommst. Von daher ist ‚Americana‘ etwas, das jedem gefallen kann, ganz gleich, woher er stammt.“

Neben The Statesboro Revue hat Stewart Mann vor kurzem auch auf der Theater- bzw. Musicalbühne gestanden. In San Antonio / Texas spielte er die Titelrolle im Musical „Buddy: The Buddy Holly Story“. Mann berichtet, dass er über einen Agenten die Gelegenheit bekam, an einem Casting zu der Show teilzunehmen. Der Musiker ist selbst ein großer Fan von Buddy Holly und hat auch schon Songs seines Idols gecovert: „Er ist ja auch Texaner gewesen, und er war ein Pionier des Rock’n’Roll!“ So war es für ihn nahe liegend, einmal den Konzert- gegen den Theatersaal zu tauschen und Buddy Holly auf der Bühne zu spielen und zu singen. „Es ist natürlich eine völlig andere Sache auf einer Theaterbühne zu stehen“, erklärt Mann. „Wenn ich mit der Band spiele, bin ich einfach nur ich selbst. Wenn ich aber Theater spiele, dann schauspielere ich. Wenn ich mit The Statesboro Revue in eineinhalb Monaten 36 Shows spiele, passiert es leicht, dass ich auf ‚Autopilot‘ schalte. Aber wenn ich Theater spiele, geht das nicht. Es erfordert höchste Konzentration. Wenn ich hier einen Fehler mache, dann mache ich diesen Fehler als Stewart Mann. Aber als Buddy Holly darf ich keinen Fehler machen. Ich spiele da mit dem Vermächtnis dieses großen Musikers. Es war eine sehr große Herausforderung für mich, aber es hat auch sehr viel Spaß gemacht!“ Der Musiker kann sich durchaus vorstellen, die Rolle noch einmal zu spielen, vielleicht sogar in Europa. „Ich weiß, dass Buddy Holly hier in Deutschland sehr beliebt war. Ich würde ihn gerne in Deutschland noch einmal auf der Bühne zum Leben erwecken. Ich könnte mich auf vorstellen, zum Beispiel Hank Williams Senior zu spielen.“

The_Statesboro_Revue_9.jpg „Und was können die Fans nun von einer Show der Statesboro Revue erwarten? Mann erklärt, dass die Band vor dem Auftritt immer eine Setlist schreibt, die für sie selbst – und hoffentlich auch für die Fans – viel Spaß und Abwechslung bereit hält. „Wir glauben, wenn wir selbst Spaß beim Konzert haben, überträgt sich dieser Spaß auch auf das Publikum.“ Wenn die Band nach der Europatour wieder zu Hause ist, steht dort die Veröffentlichung von „Jukehouse Revival“ an. Es sind viele Auftritte in den amerikanischen Clubs geplant, um das Album zu promoten. Zum Schluss des Interviews geben wir Stewart Mann noch die Gelegenheit, sich persönlich an unsere Leser und seine deutschen Fans zu richten: „Nun, ich möchte mich natürlich bei allen bedanken. Ich möchte danke sagen, dass Ihr Musik hört, nicht nur die von uns, sondern allgemein. Ohne Leute, die sich mit Musik beschäftigen, die Musikmagazine lesen, Radio machen, oder eben auf Konzerte gehen, ohne all diese Leute könnten wir unsere Träume nicht verfolgen und wären nicht in der Lage, Musik zu machen. Wir müssten uns richtige Jobs suchen!“ Er lacht. „Aber dank Euch allen können wir heute hier spielen, und das ist wirklich großartig! Wir hoffen, dass wir noch lange so weitermachen können!“

Wir bedanken uns bei Stewart Mann für das nette Gespräch und wünschen Ihm und seiner Band alles Gute für den Rest der Tour und die Zukunft. Unseren Konzertbericht zum folgenden Auftritt der Roots-Rocker könnt Ihr hier nachlesen.

Interview und Übersetzung: Michael Buch

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